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Die Welt hinterm Gartenzaun: Wandern zum geheimen Ackerteich

Christoph Columbus wollte Indien entdecken und landete in Amerika. Ich will kleine Gewässer entdecken und lande, wohin mich die Füße tragen. Dafür nutze ich Google Maps, als neuzeitlichen Kompass sozusagen, mit dessen Hilfe ich einen kleinen Ackerteich finden konnte. Meine Reise dorthin war zwar etwas kürzer als nach Amerika, aber mindestens genauso bahnbrechend und Verbunden mit der Hoffnung auf Karauschen und Giebel.

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Gewässererkundung mit Google Maps

Mit fast 40 bin ich noch immer das Kind geblieben, das die Welt hinterm Gartenzaun erkunden will. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich öffne manchmal Google Maps und schaue, ob sich nicht doch noch irgendwo im näheren Umkreis kleine wilde und unberührte Teiche verstecken. Das ist wie Schatzsuche. Nur mit dem Unterschied, das mein Silber Rotaugen und mein Gold Rotfedern sind. Jeder hat halt andere Prioritäten.

Eine weitere schrullige Angewohnheit hat mit meiner gigantischen Fantasie zu tun. Das haben erwachsene Kinder so an sich. Wir schaffen uns Welten zwischen den Ohren. Dafür nutze ich ebenfalls Google Maps und schaue mir an gemütlichen Abenden auf der Couch Gewässer von Angelvereinen an. Quer über Deutschland verteilt. Ich stelle mir vor, welche Fische die Leute fangen. Welche Geschichten die Seen und Flüsse erzählen. Wie der Fischbestand ist. Wie ich dort Angeln würde. Es ist albern, aber wie Netflix ohne Abo.

Bei genau so einer Gedankentour fällt mir ein kleiner Fleck mitten auf dem Acker auf. Unscheinbar. Unbeachtet. Direkt vor meiner Haustür. Vor zwei Minuten war ich noch in Schleswig Holstein. Riesige Gewässer. Gruselig. Jetzt das. Keine 3 Kilometer entfernt von meiner Wohnung, direkt hinterm Gartenzaun. Was macht dieser Fleck dort. Was ist das. Wieso kenne ich das nicht. Fragen über Fragen.

Wanderstrecke zum Ackerteich
von meiner Wohnung bis zum Ackerteich sind nur wenige Schritte zu laufen

Ich halte voll drauf und Zoome was das Zeug hält. Komm schon. Das ist doch eindeutig Wasser umschlossen von Vegetation mitten auf dem Acker. Was sonst, wenn nicht ein Ackerteich? Der Bauer lässt dieses Fleckchen ja nicht grundlos stehen. Wäre andernfalls Nutzfläche. Is et aber nech. Das könnte tatsächlich einer dieser Viehteiche von früher sein, wo noch immer Giebel und Karauschen rumturnen. Ich muss mir die Sache unbedingt vor Ort anschauen. Auf gehts.

Google Maps Nahaufnahme vom Ackerteich
eindeutig ein Gewässer

Wandern zum Ackerteich

Ich begebe mich nach einem langen Arbeitstag auf die Ponyallee, dieses Teilstück befindet sich zwischen meiner Wohnung und dem Ackerland, wo ich den Teich vermute. Es sind Privatgrundstücke mit Gärten, Tieren und Landleben. Wären die Grundstücke in öffentlicher Hand, hätte die Stadt sie wahrscheinlich längst als Baufläche für Bonzenbutzen verkauft. Wie das überall so ist.

Wanderweg durch Gartensparte
meine Wanderrouten beginnen oft auf der Ponyallee

Die Bande frisst. 4 Ponys und ein altes Pferd, das schon ziemlich klapprig auf den Hufen ist. Es ist das einzige Pferd in der Ponyallee, wo auf verschiedene Grundstücke etwa 20 Tiere verteilt weiden. Ob sie alle zum gleichen Besitzer gehören weiß ich nicht. Ich begrüße meine Freunde, das mache ich immer so, wenn mich meine Wandertage in diese Richtung verschlagen. Manchmal kaufe ich Babymöhren, mache mich beim Volk beliebt. Black Beauty kommt ziemlich schnell auf mich zugerannt. Nicht jedes Pony ist so zutraulich. Ich habe keine Möhrchen dabei. Sorry.

Ponys und Pferde auf Weidegrundstücken
Abendbrot bei Sonnenuntergang

Ein Radweg entlang von Einfamilienhäusern und Gartengrundstücken verläuft bis zum Ortsausgang, wo er abrupt aufhört. Die Hauptstraße führt zum nächsten Dorf, es heißt Herren. Dort leben nur Männer. Das war ein ziemlicher flacher Witz. Es gibt dort natürlich auch Muschis.

Hauptstraße am Ackerrand
die Hauptstraße nach Herren, wo nur Männer wohnen

Ackerteich in Sicht

Mit schnellen Schritten bewege ich mich über die Hauptstraße. Nicht weil sich so viele Autos zwischen den Ortschaften bewegen, in der Altmark hängt abends der Hund mit dem Kopf überm Zaun, ich muss mich aber beeilen, weil die Sonne untergeht und ich zumindest ein paar brauchbare Bilder im Kasten haben will. Eigentlich wollte ich nie über meine Wanderungen schreiben, bis mir aufgefallen ist, wie hässlich und gestellt die Internetwelt ist. Das hier sollen ein paar schöne und ehrliche Farbtupfer im tristen Einheitsbrei sein.

Sonnenuntergang über dem Acker
irgendwo dahinten ist der Ackerteich

Das Licht wird immer schwächer. Ich stapfe seit 5 Minuten über den Ackerboden, meine wetterfesten Wanderschuhe* sind mit Feuchtigkeit beschlagen. Am Horizont sehe ich den geheimen Ackerteich, eher die Vegetation um ihn herum, die wie eine Insel auf der kahlen Landwirtschaftsfläche hervorsticht. Ich werde schneller, die Neugierde hat mich gepackt. Solange es nicht der Bauer ist, weil ich auf seinem Feld laufe, ist alles im grünen Bereich.

Ackerteich bei Sonnenuntergang
das ist dann wohl der Ackerteich

Ich nähere mich den Bäumen und sehe Schilf. SCHILFBÄNKE! HEUREKA! Ein bisschen Schilf bedeutet nicht immer gleich Wasser. Fette Schilfbänke schon eher. Hier könnte es Fisch geben. Mein Puls steigt, ich werde nervös. Das Kind ist hellwach.

Schilfbank am Ackerteich
Schilfbänke sind immer ein gutes Zeichen und Indiz für Gewässer

Ich schlage mich durch die ersten Schilfmeter, die wie von der Natur geschaffene Katakomben wirken. Mittendrin steht ein Baum, dessen Krone kein Licht durchlässt und so eine Lichtung im Schilfwald hinterlässt. Eine kleine Schilfschneise führt vermutlich ans Ackerteichwasser. Wäschebären werden sie vielleicht angelegt haben, um dort zu saufen.

Schilfschneise auf dem Weg zum Ackerteich
eine Schneise im Schilf führt zum Ackerteich

Wiese statt Ackerteich

In dichten Schilfbänken wird es immer etwas heller, kurz bevor man Wasser sieht. Wie die Fahrt in einem dunklen Tunnel, dessen Ende naht. So ergeht es mir. Ich sehe etwas, glaube Teichluft zu atmen. Schiebe das letzte Stück Schilf zur Seite, damit ich freie Sicht habe. Äh. Eine Wiese. Umringt von Schilf. Mitten auf dem Acker. Ich begreife ziemlich schnell, das sich in dieser Senke möglicherweise mal kleiner Tümpel befunden hat, der von Regenwasser gespeist wurde.

Ich laufe Richtung Wiesenmitte, der Boden unter meinen Füßen fühlt sich wesentlich weicher als auf dem Acker an. Sieht stellenweise rissig aus. Wie in den Dokus, wenn Trinklöcher während Trockenperioden in Afrika brach liegen. Sowas ist hier auch passiert, nur mit dem Unterschied, das es die ostdeutsche Dürre war, die den Tümpel trocken legte. Ich bin mir sicher, das hier Wasser bis an die Schilfkante stand, sonst gäbe es diese Vorzeigewiese nicht, alles wäre zugewuchert. Es fehlt nur noch eine Fahne, ein Loch und Tiger Woods.

Ausgetrockneter Ackerteich
ich hätte mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem Golfplatz

In der Ackerteichmitte entdecke ich einen aufgewühlten Fleck mit klatschnasser Erde und Tierkot. Wildschweinnachlass vermutlich. Ich hab von sowas wie immer keine Ahnung. Die Ränder trocknen schon, gestern zur gleichen Zeit hätte ich hier wohl eine saugeile Party erlebt. Derweilen suche ich nach Überresten von Fischen. Gräten, Schuppen oder Hautreste. Aber auch Muschelschalen. Irgendwas auswertbares halt. Ich sehe und finde nichts. Der Ackerteich hat seine Spuren gut verwischt.

aufgewühlter Boden am Ackerteich
jemand hat gewühlt oder eine Hexe aus Herren wurde verbrannt

Manchmal entwickeln sie die Dinge halt anders. Die Welt hinter dem Gartenzaun ist riesig und genauso riesig kann die Enttäuschung sein, weil das Kind nicht immer findet, was es erwartet. Ich wandere jetzt nach Hause, direkt auf der Hauptstraße mit dem Sonnenuntergang im Rücken. Und mit einer Botschaft im Hinterkopf: Google Maps funktioniert nur für große Gewässer, für kleine Ackerteiche, die in Wahrheit keine mehr sind oder nie waren, ist ein Blick vorab in die Realität immer die bessere Technik.

Herzlichst, dein 16er-Haken

Rückweg nach Hause von der Ackerteichwanderung
so schön und einfach kann das Lebern sein

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    Christoph Heers
    Christoph Heers
    Hallo! Mein Name ist Christoph und ich bin der Schreiberling hinter dem 16er-Haken. Seit meiner Kindheit bin ich Angler, mit vielen Wassern gewaschen und immer auf der Suche nach neuen Abenteuern. Was letztlich auch dazu führte, meine Erfahrungen mit dir teilen zu wollen. Auf meinem Blog erwarten dich viele Strategien, Tipps und Tricks über das Friedfischangeln sowie Seitensprünge auf Hecht, Aal, Quappe oder Zander.

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